100 Jahre Klemensheim in Belecke

Vortrag von Dr. Rainer Hohmann in der Kirche 

Die erste Schule des zweiten Bildungsweges im deutschsprachigen Raum

Belecke – Dass 13. Werkstattgespräch des Kultur- und Heimatvereins Badulikum erinnerte an den Schulbetrieb des „Studienheims St. Klemens“, das vor einhundert Jahren in unmittelbarer Nähe der Kreuzkapelle gegründet wurde. Initiator war der damalige Allagener Vikar Bernhard Zimmermann. Ziel war es, jungen Handwerkern oder Volksschülern das Abitur zu ermöglichen. Es ist in sofern von historischer Bedeutung, denn ab Mai 1922 war es die erste Schule des zweiten Bildungsweges im deutschsprachigen Raum. Seine Schüler sollten den Priesterberuf ergreifen. 

Doch vor dem überaus interessanten Vortrag von Domvikar Dr. Rainer Hohmann, Ordinariatsrat, Leiter des Referats Fortbildung und Personalentwicklung des pastoralen Personals und Kenner des Clemetinums feierten die Gläubigen den Gottesdienst in der Propsteikirche. Dazu begrüßte er auch Pastor i.R. Josef Sauerwald, der zu den Clementinern gehört und dort in den 1960er Jahren sein Abitur ablegte, um später Theologie zu studieren. 

Der Lageplan des Klemensheims an der Bundesstraße 55 / 516, heute steht nur noch die Kreuzkapelle in diesem Bereich. 

Der leerstehende Gasthof Ulrich, an der Kreuzung der Bundesstraße 55 / 516 war für Zimmermann der ideale Ort, um dort ein Studienheim zu errichten. Das Haus war groß genug für vier Klassenräume, es gab viele Nebengebäude für die Schüler und die Kreuzkapelle in direkter Nähe. Es war wie in einem Internat, Lernen und Leben an einem Ort. Zu Beginn waren es acht Schüler, doch zu Spitzenzeiten lernten hier über 90 Schüler Latein, griechisch und in alle anderen Fächern, um sich auf das Abitur vorzubereiten. Unterrichtetet wurden sie von sieben Professoren. „Damals nannte man die Lehrer an den Gymnasien Professor“, erklärte Hohmann. Wenn etwas umzubauen oder neu zu errichten war, gab es für Vikar Zimmermann keine Probleme.  „Denn die meisten Schüler waren ja gelernte Handwerker“, fügte er hinzu. Die Belecker Bevölkerung unterstützten das Studienheim durch Spenden oder sie beschäftigten die Schüler auf ihren Höfen, damit sie sich ihr Schulgeld verdienen konnten. Nur das Abitur konnten sie im Studienheim nicht ablegen, dazu mussten sie zu anderen Schulen, die die Prüfungsberechtigung besaßen. 

Doch wie war es überhaupt zu dieser Situation gekommen? Einen zweiten Bildungsweg, so wie man ihn heute kennt gab es nicht. Hatte man nur die Volksschule mit Abschluss besucht konnte man kein Abitur mehr machen. In dieser Situation war auch Bernhard Zimmermann. Er war gelernter Maler und Kirchenmaler. Als er in einer Kirche an einer Gewölbedecke arbeitete, fragten es sich: „Wo habe ich meinen Platz in der Kirche?“ Damit begann für den Maler, der mittlerweile über 26 Jahre alt war und jetzt sein Abitur machen wollte eine hektische Zeit. Es war zunächst nicht möglich dieses Ziel zu erreichen. „Wer damals Priester werden wollte musste zwingend das Abitur haben und es gab genug Geistliche“, so Hohmann. Zimmermann versuchte es in Italien, Horn-Bad Meinberg, an Privatschulen und vielen anderen Orten. In Rheine fand er die richtige Anstalt und 1912 mit 32 Jahren hatte er seine Hochschulreife. Er studierte in Paderborn und München Theologie und wurde 1916 zum Priester geweiht. Seine erste Stelle wurde ihm in Allagen zugewiesen. In Niederbergheim baute er in dieser Zeit auch die Kapelle. Durch seine Erfahrungen der vergangenen Jahre hatte er die Idee anderen Personen, die Priester werden wollten, den zweiten Bildungsweg zu ebnen. Dies war durch ihn in Belecke und Bad Driburg möglich geworden. 

Vor einem interessiertem Publikum referierte Dr. Rainer Hohmann referierte über die frühe Geschichte des Klemensheimes, dass vor 100 Jahren gegründet wurde.

Das Studienheim an der Kreuzkapelle in Belecke wurde kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten geschlossen. Alle Schüler mussten nach Bad Driburg, dem zweiten Studienort der Klementiner, umziehen. „Den Nazis war auch diese Schule schon lange ein Dorn im Auge, doch noch bis 1941 ging der Unterricht weiter und kam dann komplett zum Erliegen. Alle Studierende bekamen den Einberufungsbescheid. Erst 1946 eröffnete Zimmermann diese Schule wieder, aber nur weil die britischen Besatzer nicht alle Klassenräume belegten. 

Heimatvereinsvorsitzender Hans-Jürgen Raulf überreicht ein Geschenk, mit vielen Seiten Belecker Geschichte an Dr. Rainer Hohmann.

Einer der ehemaligen Schüler war Kaplan Eduard Müller. Er wurde am 10. November 1943 vom den Nazis ermordet. Am 26. Juni 2011 sprach ihn Papst Benedikt XVI. selig und schon einige Wochen später setzte man ihm einen Stolperstein an seinem ehemaligen Studienort, vor die Kreuzkapelle. Ein zweiter erinnert an ihn in Bad Driburg. Bernhard Zimmermann starb 1969 im Alter von 89 Jahren. (msp)

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