Täglich, ja stündlich werden wir in den Medien über die neuesten Veränderungen im Bezug auf den Coronavirus informiert. Seit gestern, 16.März sind alle Schulen und Kindergärten bis nach den Ostereiern geschlossen. Sämtliche Versammlungen und Veranstaltungen sind abgesagt, in den Kirchen werden keine Messen gelesen. Es scheint als würde das tägliche Leben auf einmal stillstehen. Dem ist aber nicht so. Wer sich jetzt die Zeit nimmt und dem so beliebten Wald einen Besuch abstattet, der ist überrascht und gleichzeitig entsetzt.
Bei einem etwas ausgedehnten Waldspaziergang erkennt man im Bereich von der Hirschberger- bis zur Silbkestraße an mehreren Stellen den Wald nicht mehr. Dort wo einst großgewachsene Fichten standen ist alles kahl, kein Baum, kein Strauch ist dort zu sehen, echte Kahlschläge, hier ist unser Naherholungsgebiet für immer verändert.
Wenn man von der ehemaligen „Dicken Eiche“ am Eichenweg den Wald betritt stehen hier nur Eichen und Buchen, nichts auffälliges. Nur nach dreihundert Metern betritt man den festen Weg von der Hirschberger Straße kommend und schaut sich um, es fehlt ein großes Stück vom gewohnten Fichtenbestand. Jahrzehntelang gehörte er zum gewohnten Bild. Die aufgestapelten Baumstämme liegen jetzt am Wegesrand. Nur noch die tiefen Spuren der Holzernter, die mittlerweile vom Regenwasser voll gelaufen sind ermöglichen fast kein durchkommen. Gummistiefel oder feste hohe Schuhe sind ein muss.
Es folgt ein scheinbar intaktes Fichtenstück. Hier und da ist eine der Fichten einfach abgeknickt. Und auf einmal schaut einem ein Waldmännchen an. Eine Buch mit einer Verwachsung, einer dicken Nase ähnlich, hier hatte ein Waldarbeiter oder ein Förster mit einem Farbpinsel ein lustiges Gesicht daraus gemacht. Eine nette Erheiterung. Nach mehreren hundert Metern erkennt der Wanderer die Schutzhütte am Handweiser in unmittelbarer Nähe des Priemplatzes. Hier trafen sich bis zu Beginn der Industrialisierung die Arbeiter, die von Warstein nach Sichtigvor, von Belecke nach Hirschberg oder von Allagen nach Warstein zur Arbeit gingen und hier gerne eine kleine Rast einlegten.
Nur wenige Meter weiter wieder ein Kahlschlag, einige Hektar Nadelwald fehlen. Man muss sich erst orientieren, aber bei einem Blick vom Pagenberg und Heinrichsholz in Richtung Süden erkennt der Ortskundige sofort die Alte Kirche in Warstein. Dies war früher nicht möglich, doch man kann den Ausblick jetzt geniessen. Folgt der Wanderer dem Weg weiter Richtung Nordwest kommt er an den Flurstücken Seßkert, rechts die Döbberzunge und Krusen Hölzchen vorbei. Hier standen bis vor drei Wochen noch großgewachsene Fichten. Unzählige Bäume sind jetzt abgesägt, auch hier ein Kahlschlag. Die Stämme fein säuberlich nach Stammdurchmesser sortiert und aufgepackt, fertig zum Abtransport. Nur eine Lärche steht dort noch einsam, verlassen, nur noch wenige Äste trägt der Baum in schwindelerregender Höhe bei sich. Doch nur einige Meter weiter wachsen noch jungen, etwas 40 bis 50 Jahre alten Buchen, sie sind verschont und dürfen weiterwachsen. In diesem Bereich ist auch das Quellgebiet der Mulmecke. Ein Bach der den nahen Fischeteich mit Frischwasser versorgt, dann weiter durch das Tal der Güldenen Tröge fliesst und hier in einem dicken Rohr verschwindet unter das Werksgelände von Infineon Technologies und sein Wasser fällt in Form eines kleinen Wasserfalls nach einigen hundert Metern in die Möhne.
Doch am Weg zum Fischeteich, beidseitig unzählige Baumstämme, unzählige Festmeter, alles zum Abtransport bereit. Und der Blick für den Wanderer ist alles andere als schön. Nur weil in den letzten Jahren mehrere Orkane über unser Land gezogen sind, weil die letzten zwei Sommer eher Hitzesommer ohne Niederschlag waren und weil sich dadurch die Borkenkäfer millionenfach vermehrt haben. Sie haben den gestressten Fichten zugesetzt und nur ein Fällen der Bäume ist der einzige Ausweg. An vielen anderen Stellen im Wald der Stadt Warstein ist es nicht besser. Erst im November des vergangenen Jahres wurde der Fichtenbestand am Hesenberg gefällt. Am Pflanzgarten schon einige Monate vorher und hier hat sich gezeigt, dass der Wald ohne unser zutun allein zurecht kommt, vielleicht sogar besser als wenn der Mensch eingreift. Dort sind Birken, Kirschen, Buchen, Eichen, Linden, Haselnuss und Ebereschen ohne menschliches Eingreifen schon recht groß geworden.
(Fotos und Text: Michael Sprenger)








