Europa heute, aus der Sicht von Hermann Kroll-Schlüter


25. März 1957 am Kapitol in Rom: Staatsmänner aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden unterschreiben einen Vertrag und begründen damit die europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Damit soll erreicht werden: freier Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr ohne Begrenzung durch Staatsgrenzen.

Also: Wirtschaftliche Grundlage für ein Friedensprojekt.

Daraus wurde ein europäisches Narrativ (sinnstiftende Erzählung): Frieden, Freiheit und Versöhnung, nie mehr Krieg, eine europäischen Union, wirtschaftlich geprägt von Austausch und offenen Grenzen. Dieses Narrativ erreicht viele Menschen nicht mehr.

Heute:

Europäische Politik – d.h. starke europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Humane Migrationspolitik, partnerschaftliche Entwicklungspolitik, nachhaltige Umwelt und Klimapolitik, aktive Gestaltung der Digitalisierung, Stärkung der Währung und Wirtschaftsmacht der EU.

Also ein Staatenverbund, kein föderativer europäischer Bundesstaat: Die EU ist ein Verbund von Staaten (Staatenverbund), die einen Teil ihrer Souveränität vergemeinschaftet haben. Die Staaten bleiben aber die Quelle der Souveränität.

Der Begriff Souveränität bezeichnet das Recht oder die Fähigkeit einer Person, einer Organisation oder eines Staates zur selbstbestimmten Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten.

Die europäische Einheit wird also ein dauerhafter Prozess sein, dessen Legitimation sich aus den großen Aufgaben ergibt, die die Europäer nur gemeinsam lösen können. Europa besteht aus vielen Nationen, Kultur und Traditionen, vor allem aber aus vielen verschiedenen Menschen. Was uns verbindet, sind unsere gemeinsamen Werte. Grundlage für sie ist die Menschenwürde. Jeder Mensch beansprucht damit Personalität, Individualität und Freiheit.

Europäische Wurzeln: griechischer Geist, römisches Recht, Christentum und Judentum, Humanismus und Aufklärung.

Die europäische Union ist geprägt vom europäischen Menschenbild, und dieses gründet im Christentum und in der Aufklärung. Hier liegen die Wurzeln der unantastbaren Menschenwürde, der Menschenrechte, der rechtsstaatlichen Demokratie.

Europa existiert nicht aus sich heraus, sondern braucht sowohl eine politische als auch eine geistige Legitimationsgrundlage. Ein Europa aus 27 Mitgliedsländern braucht eine gemeinsame Wertegrundlage. Dabei kann in Europa die christliche Wertgrundstellung nicht unberücksichtigt bleiben. Die weltliche Werteordnung unseres Landes, die weltliche Werteordnung Europas, sie trägt sich nicht von selbst, sondern ist an Voraussetzungen gebunden. Und zwar ist sie an Begründungen von Freiheit und Menschenwürde gebunden. Sie braucht diese Voraussetzungen für die Lebendigkeit und Stabilität der Freiheit und der Achtung der Menschenwürde. Der moderne Staat gründet auf Freiheit und Menschenwürde, die auch an religiöse Wurzeln gebunden sind. 

Wir erkennen auch vor diesem Hintergrund: Gefragt ist christliche Erneuerung.

Und: Gefragt sind Begegnung und Dialog.

Richard v. Weizsäcker: “Wo Begegnung ist, wächst Verständnis, wo Verständnis ist, wächst Freundschaft, wo Freundschaft ist, wächst Frieden“

Das ist es und das bleibt es: Europa ist ein Friedensprojekt!

H.K.-Sch. 2019

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