Die Familien Ostwald und Löwenstein in Belecke

Es begann mit Salomon Ostwald
Der Kultur- und Heimatverein Badulikum gedenkt anlässlich des 70. Jahrestages des Endes der Nazidiktatur in diesem Jahr der grausamen Judenverfolgung im sog. „Dritten Reich“ (wir berichteten). Hierzu führt der aus Belecke stammende Dresdner Historiker Werner Rellecke in Fortsetzung seiner bisherigen Darlegungen aus: Der Jude Salomon Ostwald erhielt Anfang des 19. Jahrhunderts das Bürgerrecht in Belecke und besaß entsprechend Haus und Grund. Er war, wie sehr viele Juden in der Gegend, Metzger von Beruf. Das Metzgerhandwerk war eines der wenigen, dass Juden nach der Judenordnung des Herzogtums Westfalen von 1700 ausdrücklich gestattet war.
Salomon Ostwald hatte mit seiner Frau Bele, geborene Weinberg, wahrscheinlich fünf Kinder, darunter die Söhne Abraham und Jacob. Letzterer wurde 1809 geboren und ist für das Jahr 1846 als Familienvorstand in Belecke erwähnt.

Salomon Ostwald wurde 1815 in den Schützenverein aufgenommen und ist auch für das Jahr 1830 noch in Belecke nachgewiesen. Er richtete die Belecker Synagoge in der Oststraße (heute Böttcherstraße) auf seinem Grund und Boden ein. Dies entsprach den Vorschriften der Judenordnung von 1700, die im Großen und Ganzen immer noch als rechtliche Orientierung Geltung besaß und wo es hieß: „Die verglaidete Juden (Geleitjuden, WR) sollen … ihre wohnung nicht zu nahe bey der Kirchen, sonderen wenigst vier Häuser davon, die Synagoge aber, damit der Catholischer Dienst nicht behindert werde, noch weiter davon haben…”

Auszug aus der Judenordnung für das Herzogtum Westfalen von 1700

Der Synagogengemeinde gehörten – ebenso wie bei der Nutzung des Friedhofs – wohl auch die Juden aus Mülheim und Sichtigvor an. Warstein und Rüthen besaßen eigene Synagogen und Friedhöfe, Allagen zumindest einen Friedhof.
Zu den Gräbern auf dem Belecker Judenfriedhof zählt auch das von Menke Ostwald. Er war 1810 geboren worden und vielleicht auch ein Sohn des Salomon Ostwald. 1837 kaufte er das Haus Fritz Kellerhof in Sichtigvor an der Hammerbergstraße. Menke Ostwald lebte in Sichtigvor, verstarb 1895 und liegt in Belecke begraben. Eine Sophia Ostwald lebte um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Belecke.

Die Familie Löwenstein
Erstmalige namentliche Kunde von der Familie Löwenstein in Belecke haben wir durch Levi Löwenstein, 1815 geboren, und seinen Bruder Jacob Löwenstein, geboren 1818. Letzterer starb am 19. Mai 1888. Sein Grab liegt auf dem Belecker jüdischen Friedhof.
Die Eltern von Levi und Jacob hießen Mendel Löwenstein und Sahra Spier. Am 15. Mai 1847 erblickte ein weiterer Levi Löwenstein, Kind von Jacob Löwenstein und Rachael Dessauer in Belecke das Licht der Welt.
Die Gräber von Julie Löwenstein, geborene Rosenthal, gestorben 1873 und Johanna Löwenstein, geborene Romberg (1844), gestorben 1900 finden wir noch heute auf dem Belecker jüdischen Friedhof.
Aus dem Jahre 1873 wird von der Familie Löwenstein als Nachbarn der Familie Cruse berichtet. Sie waren sehr kinderreich und wohnten im Haus Külbe Nr. 30, das 1842 von einem Dr. Budde erbaut worden war. Die Löwensteins sollen zum damaligen Zeitpunkt 26 Kinder gehabt haben. Vater Löwenstein hatte mehrmals die Frau durch Tod verloren und wieder geheiratet, so dass sich ein großer Kinderreichtum einstellen konnte. Von den Löwensteins ging das Haus später an die Familien Hilsmann, Wirt und Kußmann.
Trotz der goßen Kinderschar der Familie Löwenstein verließen fast alle noch vor der Jahrhundertwende die Möhnestadt.

Grabstein von Menke Ostwald auf dem Belecker jüdischen Friedhof

Max, Otto und Paula Löwenstein
In den 1930er Jahren war zwar keine jüdische Familie mehr in Belecke ansässig. Wie in der „Zeitreise“ berichtet, weisen die Gedenklisten der Opfer des Holocaust jedoch zwei Männer namens Löwenstein – wahrscheinlich Vettern – mit dem Geburtsort Belecke aus: Zum einen den Kaufmann Max Löwenstein, geboren am 24. April 1879, verheiratet mit Hedwig Rosenberg und wohnhaft in Unna, Eulenstraße 8. Er starb im Konzentrationslager Theresienstadt am 15. Januar 1944. Zum zweiten Otto Löwenstein, geboren am 2. September 1879, wohnhaft in den Niederlanden – wahrscheinlich dorthin geflüchtet. Er starb im Vernichtungslager Sobibor in Polen am 5. März 1943.
Eine weitere Familienangehörige ist Paula Löwenstein, geboren am 14. Januar 1883 in Belecke. Sie wird eine Schwester von Otto oder Max gewesen sein, oder aber sie war eine Cousine von beiden. Etwa im Jahre 1909 heiratete Paula Löwenstein den jüdischen Gütersloher Buchbinder Bernhard Daltrop. Sie wurde gemeinsam mit ihrer Schwägerin wahrscheinlich in Auschwitz ermordet und im März 1957 durch das Amtsgericht Gütersloh für tot erklärt.
So ist auch die Geschichte der jüdischen Einwohner von Belecke mit dem Holocaust der Nazi-Zeit verbunden. Dies sollte uns Mahnung und Auftrag zur Erinnerung sein.
Jedermann ist eingeladen, den Vortrag von Werner Rellecke unter dem Titel „Jüdisches Leben in  Belecke“ am 26. Juni zu  besuchen. Der Vortrag beginnt um 19:00 Uhr mit einer kurzen Einführung am jüdischen Friedhof unterhalb der alten Stadtmauer, um dann gegen 19:30 Uhr in der Stadtbücherei „Stütings Mühle“ fortgesetzt zu werden.

Werner Rellecke

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