Welternährung – Ursachen für den Hunger in der Welt

Wie es mit der Welt-Ernährung aussieht, dazu schrieb Hermann Kroll-Schlüter:

Die Menschheit steht vor der Herausforderung, dass die Erde bis 2050 von 9 Milliarden Menschen bevölkert wird und allein dafür die Nahrungsmittelproduktion um etwa die Hälfte erhöht werden muss.

In der Zeit zwischen 1870 und 2000 hat die Welt- Landwirtschaft tendenziell immer mehr Nahrungsmittel für immer mehr Menschen zu immer geringeren Preisen produziert. In den vergangenen 50 Jahren sind die Weltagrarpreise, zumal die Getreidepreise, erheblich gesunken. Sinkende Preise führen zu sinkendem Interesse an der Landwirtschaft und zu geringen Investitionen. Dies führte auch zu einem sinkenden Anteil der Landwirtschaft an den weltweiten Ausgaben für Entwicklungshilfe. Weizenernte in Deutschland je Hektar ist heute viermal so wie noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wenn man bedenkt, dass ökonomisch nicht richtig sein kann, was ökologisch falsch ist, dann muss auch hier der Fortschritt neu (ge) erklärt werden.

7,4 Milliarden Menschen leben heute, davon 80 % in Entwicklungsländern. Die Weltbevölkerung wächst. Es müssen mehr Nahrungsmittel produziert werden.

 

Vier Milliarden Menschen, also zwei Drittel der Menschheit haben zu wenig vom internationalen Handel. Drei Milliarden Menschen leben in bitterer Armut. Die Vorboten scharfer Konflikte sind auch bei uns angekommen: Kriege, Seuchen, Migrationen, Umweltprobleme, Terrorismus.

Fast eine Mrd. Menschen hungern und mehr als zweiMilliarden leiden unter Mangelernährung.

75 % der Hungernden leben auf dem Lande, also dort, wo Nahrung produzierte wird – warum? Weil den Menschen dort Eigentum, Infrastruktur, hochwertiges Saatgut, Zugang zu Krediten und zu Bildung verwehrt werden.

Mehr als 2,2 Millionen Kinder sterben jedes Jahr durch Mangel-oder Unterernährung.

FAO u. OECD im Bericht über die Aussichten der Landwirtschaft bis 2025: Der Anteil der Unterernährten an der Weltbevölkerung wird in den kommenden zehn Jahren von elf auf acht Prozent fallen.

Papst Benedikt XVI: „Der Hunger hängt weniger von einem materiellen Mangel ab als vielmehr von einem Mangel an gesellschaftlichen Ressourcen, deren wichtigste institutioneller Natur ist. Das heißt, es fehlt eine Ordnung wirtschaftlicher Institutionen, die in der Lage sind, sowohl einen der richtigen Ernährung angemessenen regulären Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln zu garantieren, als auch die Engpässe zu bewältigen, die mit den Grundbedürfnissen und dem Notstand im Fall echter Nahrungsmittelkrisen verbunden sind „(CV 27).

Ernährungssicherheit besteht, wenn alle Menschen zu jeder Zeit physischen, sozialen und wirtschaftlichen Zugang ausreichender, gesundheitlicher und bedenklicher und nährstoffreicher Nahrung haben, um so ihre Ernährungsbedürfnisse und Nahrungsmittelpräferenzen zu Gunsten eines aktiven und gesunden Lebens befriedigen zu können. Die vier Säulen der Ernährungssicherheit sind Verfügbarkeit, Versorgungsstabilität, Zugang und Nutzung.

Die FAO geht davon aus, dass mit besseren Verfahren und den vorhandenen natürlichen Ressourcen rund zwölf Milliarden Menschen ernährt werden könnten.

Zur Sicherung der Ernährungsgrundlagen und der Energiegewinnung bei Klimawandel, wachsender Bevölkerung und neuer Ernährungsgewohnheiten brauchen wir Innovation und Effizienzsteigerung, Ertragssicherung und Ertragssteigerung.

Allgemeiner: für die weltweite Wohlstandsentwicklung kann auf den internationalen Handel nicht verzichtet werden.

Ausreichend Nahrungsmittel gibt es schon heute, aber ungenügende Verteilung, fehlende Kaufkraft und schlechte Infrastruktur, ungerechte Landverteilung, Kriege und Korruption führen zu dieser Katastrophe: 930 Millionen Menschen hungern, sind vom Hungertod bedroht

Andererseits sind eine Milliarde Menschen übergewichtig. 30 % einer jeden Ernte weltweit gehen verloren. 30 % aller Lebensmittel in den Industriestaaten werden weggeworfen.

Ackerbaulich werden weltweit zurzeit 1,5 Milliarden Hektar ha genutzt. Insgesamt verfügbar sind 4,2 Milliarden ha, die Hälfte davon Wald, der auch unsere Ernährung sichert. Für 1,6 Milliarden Menschen bildet er die wesentliche Lebensgrundlage.

Der entscheidende Faktor in der Landwirtschaft ist das Wasser. Die Landwirtschaft ist der größte Wasserverbraucher. Für die Produktion von einem kg Fleisch werden 20 t Wasser gebraucht.

Weltweit werden knapp 2 % der Nutzfläche für den Anbau von nachwachsenden Stoffen genutzt, in Deutschland sind es 3 %

In 2020 könnten in Deutschland 3-5 Millionen ha oder rund 17% der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche für die Erzeugung von Bioenergie verfügbar sein ohne die Lebensmittelversorgung zu gefährden.

Die Landwirtschaft soll Hunger und Armut bekämpfen, Nahrungsgüter produzieren, sie soll dies weltweit auch ökonomischer und ökologischer tun, sie soll nicht nur mehr Nahrungsmittel produzieren, sondern auch die Treibhausgase reduzieren, sie soll Energie produzieren.

Wirtschaftliche Aktivität darf die Chance zukünftiger Generationen nicht schmälern. Aus diesem Grunde sind globale Langzeitstrategien zu entwickeln. Sie müssen global und lokal anwendbar sein und ökologisch den lokalen Standortverhältnissen sowie sozial der lokal gewachsenen Kultur entsprechen.

Zur Sicherung der Ernährungsgrundlagen und der Energiegewinnung bei Klimawandel, wachsender Bevölkerung und neuer Ernährungsgewohnheiten brauchen wir Innovation und Effizienzsteigerung, Ertragssicherung und Ertragssteigerung.

Bäuerliche Landwirtschaft bedeutet: multifunktionale, nachhaltige, wettbewerbsfähige und flächendeckende Landbewirtschaftung. Bäuerlicher Familienbetrieb bedeutet: Verantwortung und Eigentum, nachhaltige Bewirtschaftung, Erfolg und Risiko in den Händen der bäuerlichen Familie Merkmale bäuerlicher Landwirtschaft sind: nachhaltig und umweltgerecht, bodengebunden und tierartgerecht, eigenverantwortlich und eigentumsorientiert, familien – u. tradionsgebunden, vielfältig strukturiert, wettbewerbs- und leistungsfähig. Aufgaben: Produktion hochwertige Nahrungsmittel- nachwachsende Rohstoffe – Pflege und Erhalt der Kulturlandschaft – Schutz der natürlichen Ressourcen.

Kulturdiversität und Biodiversität stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Vielfalt ist ein vitaler Faktor der Weltzivilisation. Agrobiodiversität ist eine Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten, eine Vielfalt an Kultursorten, eine Vielfalt an Betriebsformen, eine Vielfalt an Lebensräumen, eine Vielfalt an Wirtschaftsweisen, eine Vielfalt an Tierhaltungsformen und eine Vielfalt an Nutztierrassen. Diese Aufgaben werden weltweit am besten vom bäuerlichen Familienbetrieb erfüllt, weil dieser wirtschaftlich sehr flexibel auf erhöhte Nachfrage reagieren kann und der Schutz der natürlichen Ressourcen im ureigensten Interesse der nachhaltigen Unternehmensstrategie als Familienstrategie steht.

Das Recht auf Nahrung ist ein menschliches Grundrecht, jeder Mensch muss Zugang haben zu einer ausreichenden Menge gesunder Lebensmittel, die seinen Ernährungsgewohnheiten entspricht und die es ihm ermöglichen, ein Leben in Würde zu führen. Ernährungssouveränität ist das Recht jedes Einzelnen und jeder Nation, ausreichend Nahrungsmittel zu produzieren. Das Menschenrecht auf angemessene Ernährung ist Teil des geltenden Völkerrechts.

Der menschenrechtliche Ansatz erfordert bei der Gestaltung der Agrarpolitik die Beachtung von Gerechtigkeitsprinzipien, von denen das Prinzip der Nichtschädigung des Rechts auf Nahrung anderer nicht das Einfachste ist.

Das Menschenrecht auf angemessene Ernährung ist Teil des geltenden Völkerrechts. Das Bemühen, die dieses Menschenrecht auf Nahrung zu konkretisieren hat zu Leitlinien geführt, die rechtlich nicht bindend sind. Allerdings hat die FAO einen Konsens von 148 Staaten erreicht, so dass die freiwillige Leitlinie zum Menschenrecht auf Nahrung ein Staatendokument darstellt, das verpflichtet.

Papst Benedikt XVI. In einer Zeit weltweiter Lebensmittelknappheit, finanzieller Verworfenheit, alter und neuer Formen der Armut, besorgniserregenden Klimawandels, in der Gewalt und Elend viele zwingen, auf der Suche nach weniger unsicheren Überlebenschancen die eigene Heimat zu verlassen, in einer Zeit ständig bedrohlichen Terrorismus und wachsender Ängste angesichts der Unsicherheit der Zukunft ist es dringend notwendig, erneut Perspektiven zur öffnen, die in der Lage sind, wieder Hoffnung zu vermitteln.

Joseph Höffner: das Ziel der Wirtschaft besteht vielmehr in der dauernden und gesicherten Schaffung jener materiellen Voraussetzungen, die dem einzelnen und den Sozialgebilden die menschenwürdige Entfaltung ermöglichen… die Geschichte lehrt, dass Freiheit und Würde des Menschen weithin vom Ordnungssystem der Wirtschaft abhängen…

Papst Franziskus 6.5.2016 Karlspreis Verleihung: „Das erfordert die Suche nach neuen Wirtschaftsmodellen, die in höherem Maße inklusiv und gerecht sind. Sie sollen nicht darauf ausgerichtet sein, nur einigen wenigen zu dienen, sondern vielmehr dem Wohl jedes Menschen und der Gesellschaft. Und das verlangt den Übergang von einer „verflüssigten“ Wirtschaft zu einer sozialen Wirtschaft. Ich denke zum Beispiel an die soziale Marktwirtschaft, zu der auch meine Vorgänger ermutigt haben (vgl. Johannes Paul II. Ansprache an den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, 8. November 1990)

 

Hermann Kroll-Schlüter Staatssekretär a.D.
Präsident des Internationalen Ländlichen Entwicklungsdienstes (ILD)
Vorstandsmitglied des Ökosozialen Forum Europa

 

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