Veranlasst durch die Buchveröffentlichung „Zeitreise“ zum 1075-jährigen Gründungsjubiläum von Belecke hat der Sichtigvorer Heimatforscher Albert-Friedrich Grüne seine Sammlung durchgeschaut und seltene postgeschichtliche Belege gefunden.
Heimatforscher Albert-Friedrich Grüne
Als junger Schüler hatte er immer mit großem Interesse in den alten Akten auf den verschiedenen Dachböden des Hauses seiner Großeltern, Friedrich und Theresia Schmidt aus Sichtigvor (gt. „Knappmüllers“), gestöbert. Er hatte beim Suchen auf den
Dachböden in den 1960er Jahren auch alte Briefe und Belege gefunden, die in seine Sammlung wanderten. Nachdem er den interessanten Artikel über die Belecker Post in dem aktuellen Belecker Heimatbuch „Zeitreise“ gelesen hatte, hat er alte Sammlung noch einmal durchgeschaut und einige seltene Belege für die Bedeutung des Belecker Postamts im Möhnetal gefunden.
Zwei Briefe waren dabei, die im Jahre 1876 vom Amtsgericht in Rüthen an Winold Budde (gt. „Lackmanns“; heute Bühner) in einer Grundstücksangelegenheit der Sichtigvorer Hudegemeinschaft geschickt wurden. Das Interessante dabei ist, dass beide Briefe über das Belecker Postamt liefen und mit zwei verschiedenen Poststempeln (Kastenstempel und Rundstempel) vor der Weiterbeförderung nach Sichtigvor rückseitig abgestempelt wurden. Es sollte hiermit die Postlaufzeit während der 13 Kilometer (!) langen Strecke dokumentiert werden. Bei Beschwerden von Postkunden hatte man es dann leichter einen „Schuldigen“ zu finden.
Ein ebenfalls sehr seltenes und noch älteres Belegstück stellt eine Belecker Einschreib-Quittung aus dem Jahre 1864 dar. Der „Recommandirte“ Brief (vermutlicher Absender das Pfarrhaus in Mühlheim – Sichtigvor) ging an Pfarrer Koehler nach Stedfeld in Eisenach, vielleicht, um eine Taufbescheinigung im Zusammenhang mit einer Hochzeit anzufordern.
Nachforschungen in Eisenach über den Inhalt des Einschreibens haben leider kein Ergebnis gebracht, da die Aktenlage nach 40 Jahren DDR nur noch sehr dürftig war. Vermutlich ist der Sichtigvorer Pfarrer nach Belecke gegangen und hat den Brief dort „Recommandiren“ lassen. Das Porto für das Einschreiben belief sich auf 4 Silbergroschen (ein Thaler = 24 Groschen) und dürfte in damaliger Kaufkraft bemessen recht hoch gewesen sein. Ein Soldat „im Felde“ zur Zeit Friedrichs des Großen bezog einen Sold von 8 Groschen pro Woche (!), bei allerdings freier Verpflegung und, sofern überhaupt vorhanden, Unterkunft. Dieser Wert ist durch eine bekannte preußische Anekdote überliefert. Friedrich II. wollte einmal an einem Abend während des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) „ermattete Regimenter“ erneut angreifen lassen, worauf ein Grenadier eingewandt haben soll: „Lass man gut sein, Fritz – für 8 Groschen war das heute schon genug.“ Nach diesem dezenten Hinweis wurde der Angriff tatsächlich abgeblasen und der Truppe Feierabend gegeben.
Bei Verlust eines Belecker Einschreibens musste eine Entschädigung innerhalb von 6 Monaten nach Aufgabe geltend gemacht werden. Über die Farben der Einschreibquittung wurde schon der Wert verdeutlicht: Die Aufgabe eines normalen Einschreibens wurde mit einem „roten“ Formular quittiert, für ein Einschreiben im Wert von 500 bis zu 3000 Thalern gab es in Belecke eine „grüne“ Quittung und Beträge über 3000 Thalern wurden auf „grünen“ Formularen quittiert. Alles hatte seine preußische Ordnung im Belecker Postamt von 1864.
Brief aus dem Jahre 1876 von Rüthen nach Sichtigvor (rückseitig in Belecke abgestempelt, um die Postlaufzeit für die 13 Kilometer von Rüthen nach Sichtigvor zu dokumentieren)
Vergrößerter unterer Teil der vermutlich ältesten Belecker Einschreibquittung aus dem Jahre 1864. Porto des Einschreibens 4 Silbergroschen).
Belecker Kastenstempel aus dem Jahre 1876 (rückseitig angebracht).
Belecker Rundstempel (rückseitig angebracht) aus dem Jahre 1876.
29.7.2103