Im Jahr 1769 kam es im Belecker Wald zu einer großen Suchaktion. Zwei Pferde, zu damaliger Zeit ein wertvoller Besitz von Caspar Stracke und Anna-Sophia Sprenger waren im frühen Morgen auf die „Hude“ in den Belecker Wald gebracht worden, doch abends fanden sie ihre Tiere nicht wieder. An dieses Ereignis erinnert noch heute ein Gedenkstein in unmittelbarer Nähe des Priemplatzes, ein Kreuzungspunkt etwas 1500 Meter im Belecker Wald in Verlängerung der Hirschberger Straße.
In der Zeit nach dem siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) herrschte in der hiesigen Gegend große Not. Die Menschen hatte wegen der Auswirkungen des Krieges, Missernten, Unwetter und Mäuseplagen nicht genügend zu Essen, dadurch fehlte Nahrung für das Vieh.
Die Bauern im Ackerbürgerstädchen auf dem Berg um die Propsteikirche trieben das Vieh aus diesem Grund in den Wald, auf die Hude. Einige Bauern, meist waren es die Kinder oder die Knechte, trieben ihre Ziegen, Schweine, Rinder, Kühe und sogar Pferde, wenn sie sie nicht auf den Hof benötigten, in den Wald Richtung Suttrop. Sie hüteten dort das Vieh und brachten es am Abend wieder zu den Bauern zurück.
Wegen der vielfältigeren Nahrung im Bereich der Hülsenbüsche brachten einige Bauern ihre Tiere sogar in den westlich von Belecke gelegenen Wald. Dazu mussten sie die Wester überqueren und über einen Feldweg Richtung Hirschberg ihre Tiere treiben. Für diesen beschwerlichen Weg benötigten die Kinder und Knechte fast eine Stunde. Sie hüteten die Tiere im Wald, aber oft war es so, dass die Tiere sich frei bewegten und sie diese vor Einbruch der Dunkelheit suchen mussten.
Für das Vieh gab es hier wohl ausreichend zu fressen. Eicheln, Bucheckern, Kastanien, Gräser auf den Lichtungen, Rinden, frische Knospen und Wurzeln. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit führten sie die Tiere zurück in die Belecker Altstadt. Oft schickten auch die Ackerbauern Caspar Stracke und Anna-Sophie Sprenger ihre beiden Pferde mit zur Hude. Für sie waren die Tiere ihr wertvollster Besitz. Sie hatten wohl zum Ende des siebenjährigen Krieges diese beiden Braunen von ihrem Ersparten zu einem günstigen Preis dem Militär abgekauft, um sie bei der Arbeit auf dem Hof einzusetzen. Sie hatten Glück mit den Pferden, den Kriegseinsatz hatten sie gut überstanden. Doch an einem Abend im Jahr 1769, als sie ihre Pferde abholen wollten waren sie nicht zu finden. Sie liefen rufend durch den Wald. Die anderen Bauern, die ihre Tiere auch abholen wollten, halfen natürlich bei der Suche. Alle Hüteknechte und Kinder suchten nach den beiden Pferden. Vergebens, die Tiere waren nicht auffindbar. Die Bauern Stracke-Sprenger waren am Boden zerstört. Die Pferde waren ihnen sehr wertvoll, ein großartiger Besitz. Sie konnten mit den beiden auf den Feldern die gleiche Arbeit verrichten wie mit vier Ochsen. Dies war natürlich eine enorme Erleichterung. Ohne Erfolg gingen sie alle wieder zurück. Sie beteten und zündeten in der Propsteikirche Kerzen an, um ihre Pferde gesund wieder zu finden. Am nächsten Tag hatten sich weitere Helfern den beiden angeschlossen. Sie suchten im gesamten Wald, sahen die Kirchturmspitze von Hirschberg, suchten in jeder Senke, in jedem Dickicht, auf Lichtungen, bis ins Möhne- und Romecketal, wieder vergebens.
Am dritten Tag, so heißt es in der Sage um das Hameckeweib, soll sie den Suchenden in der Romecke zugerufen haben: „Kommt zum Priemplatz, hier steh´n eure Braunen“. Und tatsächlich am Priemplatz fanden Caspar Stracke und Anne-Sophie Sprenger ihre beiden Pferde, die sie drei Tage vorher in den Wald geschickt hatten. Sie waren gesund und wohlernährt.
Zum Dank des Wiederauffindens errichtete die beiden den Gedenkstein aus Rüthener Sandstein am Priemplatz. Noch heute steht er an seinem vor 250 Jahren errichteten Platz. Er wird von einigen Beleckern immer noch gepflegt und ist heute ein wichtiges Zeugnis dafür, dass Pferde im 18. Jahrhundert für die Bauern ein sehr wertvoller Besitz waren.
Dieser Kreuzungspunkt zwischen Belecke, Warstein, Hirschberg, Allagen, Sichtigvor und Mühlheim war zu Beginn der Industrialisierung im Wester- und Möhnetal eine bedeutende Stelle. Es war eine beschiedene Zeit. Bevor die WLE ihren Eisenbahnverkehr aufnahm, kreuzten sich hier die Wege der Arbeiter, die täglich aus dem Möhnetal zu ihren Arbeitsstätten Puddelhammer, Reckhammer, Kupferhammer, Eisenhammer und Stiftfabrik hier her gingen. Und das schon morgens früh vor Schichtbeginn und nach einem zehn- oder zwölf Stundentag wieder. Sechsmal in der Woche. Priemplatz, weil sich hier die Arbeiter kurz trafen, eine kleine Pause einlegten und sich eine Pfeife rauchten oder Kautabak zu sich nahmen, sie priemten.
Zum Verweilen hatte der SGV-Belecke vor vielen Jahren in unmittelbarer Nähe des Gedenksteins von Caspar Stracke und Anna-Sophia Sprenger eine Schutzhütte errichtet. 1996 stellte Ernst Meuth gemeinsam mit seinen Nachbarn aus der Heinrich-Kamp-Straße einen neuen Handweiser auf, weil das alte Hinweisschild vermodert und einfach umgefallen war. Und oben auf dem Hinweisschild thront heute immer noch das Hameckeweib, so wie es in der Sage nachzulesen ist.
Text und Fotos: Michael Sprenger