Zum 10. Werkstattgespräch hatte am vergangenen Donnerstag der Kultur- und Heimatverein Badulikum eingeladen. Zum Gesprächsteilnehmer hatten sie Stadtförster Henning Dictus eingeladen, er berichtete über den Zustand des heimischen Waldes und der sei in einem katastrophalen Zustand.
Gestartet hatten die Heimatfreunde an den Pflanzgärten oberhalb des Kallerwegs und das Interesse der Belecker zu diesem Gespräch, letztendlich ein Spaziergang bis zur Bohnenburg, war enorm. Jeder bekomme Tränen in die Augen, wenn man sich nur von hier aus umsehe, meinte Dictus zu den über 60 Damen und Herren. Vor zwölf Jahren habe der Sturm Kyrill dem Wald den größten Schaden seit mehr als 200 Jahren zugefügt, aber die beiden Stürme Friederike (2018) und Eberhard (2017) haben die Population des Borkenkäfers in die Höhe schiessen lassen, fügt er hinzu. „Jeder soll einmal in die heimischen Wälder gehen und sich die Frage stellen, was man den wohl tun könne. Sieht man die Fichten am Dünnenberg oder oberhalb des Friedhofs, es ist einfach grausam. Keine der hochgewachsenen Fichten wird diese Desaster überstehen“, meinte er. Dieser Zustand des Waldes stellt alles bisher negative in den Schatten.
Schon vor vielen Jahren, als das Waldsterben begann, habe man den Wald gekälkt, das habe auch funktioniert und werde im nächsten Monat in Belecke wieder durchgeführt, berichtete Dictus. Doch das Sterben den Waldes war bisher ein ruhiger Prozess, der jetzt mit aller Gewalt explodiert ist. Schon in wenigen Wochen wird man keine grünen Fichten im Wald sehen, sie sind jetzt schon alle tot, abgestorben, ausgetrocknet. Keine Person, die seit vielen Jahren mit dem Wald zu tun hat, hat so etwas erlebt, da ist es ganz gleich, ob es altgediente Förster, Jäger oder Holzeinkäufer sind, so extrem war es seit den Aufzeichnungen noch nie.
Die Fichte gibt es in der hiesigen Gegend erst seit 1815, als Warstein zu Preussen gehörte, es gab damals keine Forstwirtschaft. Bis dahin hatte jeder Bürger das Recht, sein Holz aus dem dem Wald zum Bauen, für Brennholz und die Waldfrüchte zur Fütterung seines Viehs zu nutzen. Erst mit Einführung der Montanindustrie im Westertal bemerkten die Verantwortliche, dass der Wald endlich ist. Fast nur Eichen und Buchen wuchsen bisher hier und wurden zu Holzkohle verarbeitet. Erst ein Bergbauingenieur kam auf die Idee schnellwachsende Fichten anzubauen. Und so wurde der Wald nach und nach zur Monokultur. Bei einer Forstinventur von 1871 lag der Fichtenanteil schon bei 17 Prozent, 1956 waren es 56 Prozent und 1988 schon über 60 Prozent. Die großen heimischen Sägewerke wie Fisch, Egger und Hüster verlangten immer mehr Bauholz für die Industrie und es wurde immer mehr Fichten gepflanzt. „Bänker würden sagen, diese Situation sei eine Hochrisikoanlage“, meinte Dictus zu dieser Situation, die sich jetzt auch wohl bestätigt habe.
Das Extrem begann mit Sturm Friederike am 18. Januar 2018. Der Wald war sehr schwer gebeutelt, dazu noch der heiße, trockene Sommer 2018 fast ohne Niederschlag von Mai bis September, dann Sturm Eberhard am 11. März 2019. Es war keine Zeit den Windbruch aus dem Wald zu holen und der Borkenkäfer konnte sich blitzartig ausbreiten. Wenn die Tochter von Förster Dictus als kleines Kind eine große Zahl meinte, sagte sie immer.“ tausentrillionentausend“. Und dies trifft wohl wirklich zu. Millionen von Borkenkäfern riechen die Stresshormone der Fichten. Der Borkenkäfer besetzt ihn, legt Eier zwischen Rinde und Holz und die Fichte kann sich durch das fehlende Harz nicht wehren. Dann dauert es bei einem befallenen Baum nur sechs bis acht Wochen, der Baum stirbt.
Dieser exorbitante Zustand geschieht seit etwa drei Wochen im Belecker Wald. „Alle Fichten sind befallen, alle sind kaputt, das Holz hat normal eine Feuchte von 100 Prozent, jetzt nur noch 40 bis 50 Prozent und er zeigt Risse, ist somit nicht für alles nutzbar“, stellte Dictus fest.
„Wir müssen uns von der Fichte verabschieden, sofort und für immer. Der Boden ist trocken und da reichen auch 100 Millimeter Regen nicht aus. Was sich in diesen Wochen in Belecke abspielt, das passiert in der nächsten Zeit in ganz Europa. Es ist eine extreme Marktsituation und der Markt ist übersättigt“, berichtete Dictus und verbreitete dennoch Hoffnung für den heimischen Wald.
Eine Entscheidung über die Zukunft des Waldes müsse sehr kurzfristig gestellt werden, so der Stadtförster. Und da ist die Natur schon selbst aktiv geworden. Auf den Kahlschlägen wachsen mittlerweile wieder Birken, Weisstanne, Buchen, Fichten, Eichen, Eberesche, Weide, Thuja, Kiefer, Lärche, Douglasie und an wenigen Stellen auch Wildkirsche. Die Frage ist, so Dictus: „Was wollen wir mit dem Wald machen? Soll er ein Wirtschaftsfaktor werden? Soll er in Zukunft zur Erholung da sein? Was möchten unsere Enkel oder Urenkel mit dem Wald machen? Wie wird das Klima? Alles Fragen die wir jetzt beantworten müssen? Jetzt!“, darüber mache ich mir Gedanken, darüber muss auch die Politik in allernächster Zeit mitentscheiden. Fest steht, dass es in Zukunft keine Monokulturen geben wird, es wird ein Mischwald werden, wenn es das Klima in den nächsten Jahren zulässt.
Zur Zeit sind die Nadelgehölze Douglasie und Weisstanne die Favoriten für die heimischen Wälder. Diesen Gedanken hatten die Belecker Förster schon vor über 100 Jahren, als sie im Wald am Kallerweg Douglasien pflanzten, für sehr viel Geld mit Setzlingen, die sie aus Amerika eingekauft hatte. Heute sind es stattliche Bäume, bis zu 40 Meter hoch und, bis jetzt nich nicht vom Borkenkäfer befallen.
Im Anschluss an dieses überaus interessante Gespräch, das dann ein sehr belehrend und informativer Spaziergang war, überreichte Heimatvereinsvorsitzender Hans-Jürgen Raulf an Henning Dictus eine kleine Staffelei mit einem kleinen Gedicht: „Hasenjagd“. Alle waren sich einig, dass dieses „Werkstattgespräch“ sehr faszinierend war und jeder mit einem anderen Blick durch den Wald gehe. (Msp)